Stadtrundgang in Potsdam

Stadtrundgang in Potsdam


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Eine politische Stadtführung durch Potsdam

Unser eigentlicher politischer Standrundgang musste leider durch die Corona-Krise bedingt abgesagt werden. Stattdessen zeigen wir Ihnen ausgewählte Stätten der Potsdamer Innenstadt - geführt werden Sie vom Journalisten Willi Carl und der Professorin Sabine Hering. Weitere Beiträge zu bestimmten Standorten und Ereignissen sind u.a. von Saskia Hüneke und Frank Reich zu sehen. Kommen Sie mit!

Link zum Film

Stationen eines Stadtrundgangs durch das widerständige Potsdam

Adieu, Alter Fritz, heute interessieren wir uns nicht für die Schlösser und Gärten Potsdams, sondern für die Geschichte der politischen Bewegungen von der 48er Revolution bis zum demokratischen Aufbruch.

„Ich sterbe für die Freiheit!“ – 
das waren die letzten Worte, die der junge Potsdamer Revolutionär Max Dortu 1849 seinem Erschießungskommando zurief ...
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    Die Gedenktafel für Max Dortu ist an der Max-Dortu Schule – in unmittelbarer Nähe seines Geburtshauses - angebracht. Für Potsdam ist er der Held der 1848er Revolution. Er war einer der ersten Kämpfer für die Demokratie in der Mitte des 19. Jahrhunderts – und aufgrund seiner Hinrichtung mit nur 23 Jahren einer der spektakulärsten Märtyrer der 48er Revolution. Wer war dieser jugendliche Held? Er wurde im Juni 1826 hier in Potsdam geboren und starb im Juli 1849 in Freiburg im Hagel der Gewehre, die zu seiner Hinrichtung aufgestellt worden waren. ‚Zielt genau, Brüder‘ soll er den Schützen zugerufen haben, die ihn exekutieren sollten. ‚Ich sterbe für die Freiheit‘ – das waren seine letzten Worte.

    Nach dem Besuch der Grand Ecole, der Stadtschule in Potsdam – nahm er 1848 an den Kämpfen für die Errichtung einer Republik in Deutschland teil. Seine Kritik an der Obrigkeit war radikal: den zukünftigen Kaiser Wilhelm I. nannte er den „Kartätschenprinz“ aufgrund seines brutalen Vorgehens gegenüber den Aufständischen. Nicht nur dieses damals schnell verbreitete Zitat wurde ihm zum Verhängnis, sondern auch sein kämpferischer Einsatz für die Revolution, vor allem seine Teilnahme an  den badischen Freiheitskämpfen. Deshalb wurde er verfolgt, verhaftet und vor einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt. 

    An dieser Tafel werden in jedem Jahr an seinem Todestag  Blumen niedergelegt – sein Kampf für die Demokratie - in einer Zeit, als es noch nicht selbstverständlich, sondern todesmutig war, Demokrat zu sein - soll nicht vergessen werden. (Sabine Hering)


Lindenstraße 54 – 
ein Haus im Wandel der Zeit. 
Wir erinnern an fünf wichtige Stationen vom Kommandantenhaus unter Friedrich Wilhelm I, bis hin zum „Haus der Demokratie“ im Zeichen der friedlichen Revolution. 
Lesen Sie mehr zu den fünf Stationen ...
  • Station 1: Das Kommandantenhaus

    Wie kaum ein anderer Ort in der Landeshauptstadt widerspiegelt das barocke Stadtpalais eindrucksvoll deutsche und Potsdamer Geschichte. Es war gleichzeitig Ort der Demokratie und Schauplatz politischer Verfolgung. Friedrich Wilhelm I. – der sogenannte Soldatenkönig – ließ das „Große Holländische Haus“ ab 1734 bauen. Das Stadtpalais entstand im Rahmen der „zweiten barocken Stadterweiterung“ und galt als eines der repräsentativsten Häuser der Stadt. Hier wohnten kommandierende preußische Militärs – daher seine Bezeichnung „Kommandantenhaus“. Ein profaner Nutzen war: Mit der Schenkung des Hauses an Potsdam sollten seine Mieteinnahmen an die Stadt gehen. Die Truppen Napoleons nutzten das Gebäude ab Oktober 1806 dann als Lazarett für Pferde. (Sebastian Stude)

  • Station 2: Der Sitz des Stadtparlamentes

    Die von Karl Freiherr vom Stein und Karl August von Hardenberg maßgeblich initiierten Preußischen Reformen führten 1808 die Kommunale Selbstverwaltung ein. Bestandteil der Reformen war ein standesunabhängiges jedoch einkommensgebundenes Bürgerrecht für Männer und unverheiratete Frauen, das die Wahlteilnahme an den Stadtparlamenten regelte. Das erste so gewählte Potsdamer Stadtparlament – bestehend aus 60 Männern – kam daraufhin am 20. März 1806 im „Großen Holländischen Haus“ zusammen. Erst 1918 führten die Sozialdemokraten das allgemeine und gleiche Wahlrecht – und damit auch das aktive und passive Wahlrecht für Frauen ein. 

    1817 zog das Potsdamer Stadtparlament in das Rathaus am Alten Markt – dafür nahm nun das Stadtgericht seinen Sitz im „Großen Holländischen Haus“. Fortan tagten im Vorderhaus die städtischen Richter. Im Hinterhaus entstand ein Stadtgefängnis, wo die Beschuldigten bis zu ihrer Verhandlung verwahrt wurden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg das Stadtgericht zum Amtsgericht Potsdam auf. Nach Abriss des alten Gefängnisses erfolgte bis 1910 ein Gefängnisneubau im zeitgenössischen Stil preußischer Gefängnisse. Das neue „Gerichtsgefängnis“ – oder neudeutsch „Untersuchungshaftanstalt“ – umfasste 64 Einzel- und sechs Vier-Personenzellen. (Sebastian Stude)


  • Station 3: NS-Gefängnis

    Ab 1933 entwickelte sich der Ort zu einem Schauplatz rassischer und politischer Verfolgung. Ein Erbgesundheitsgericht tagte hier. Seine Richter verurteilten zwischen 1934 bis 1944 mehr als 3000 Menschen zur Zwangssterilisation. Spätestens ab 1943 waren hier auch Frauen und Männer des politischen Widerstands eingesperrt, bevor sie vor den sogenannten Volksgerichtshof gestellt wurden. Wegen zunehmender Kampfhandlungen und Kriegsschäden verlegte der Volksgerichtshof seine Tagungen erst teilweise und Anfang 1945 vollständig von Berlin in das Potsdamer Land- und Amtsgericht in der nahegelegenen Kaiser-Wilhelm-Straße 8 (heue Hegelallee). Frauen und Männer aus dem sozialdemokratischen, kommunistischen und kirchlichen Widerstand ebenso wie Unterstützer jüdischer BürgerInnen kamen vor ihren anstehenden Potsdamer Prozessen oftmals in die Lindenstraße. Der Volksgerichtshof urteilte in Potsdam mindestens 225 Menschen ab. Wenigstens 55-mal erging die Todesstrafe.

    Auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges blieb das Haus Gerichtsort und Gefängnis. Im Sommer 1945 quartierten sich das Sowjetische Militärtribunal und die sowjetische Geheimpolizei im Land Brandenburg ein. Die Haftbedingungen glichen nun denen in der stalinistischen Sowjetunion: starke Überbelegung der Zellen und Umnutzung der Kellerräume zu Verliesen, Kübel für die Notdurft und auch sonst sehr schlechte hygienische Verhältnisse, ungenügende Verpflegung. Im Volksmund hieß das Haus fortan "Lindenhotel". (Sebastian Stude)


  • Station 4: Stasi-Untersuchungshaftanstalt

    Mitte des Jahres 1952 übergibt die sowjetische Geheimpolizei den Gebäudekomplex an das Ministerium für Staatssicherheit. Bis November 1989 betreibt die Potsdamer Stasi-Bezirksverwaltung hier ihr Untersuchungsgefängnis (Abteilung XIV), zugleich sind hier ihre Ermittler tätig (Abteilung IX). In dieser Zeit sind hier ungefähr 6000 Menschen inhaftiert – überwiegend auf der Grundlage politischen Strafrechts. Die große Mehrzahl der Deliktvorhalte betrifft Flucht, Spionage und Agententätigkeit sowie staatsfeindliche Hetze. Drei Grundprinzipien galten für die Stasi-Untersuchungshaft: Isolation, Desorientierung und Überwachung. Insbesondere in den späteren Jahren waren die Vernehmer psychologisch geschult und verfügten über ausgeklügelte Verhörtechniken. Von der Stasi gingen die abgeschlossenen Ermittlungsverfahren samt Vorschlag einer Strafe an den Staatsanwalt, der dem Strafmaßvorschlag oftmals folgte. Das Urteil über die Angeklagten hatte der Richter zu fällen.

    Am 27. Oktober 1989 erfolgte eine Amnestie für politische Häftlinge in der DDR. Am 5. Dezember 1989 überzeugen sich Mitglieder des Neuen Forums von der Freilassung der politischen Gefangenen und dem Vernichtungsstopp der Stasi-Unterlagen. Ab Januar 1990 diente das Gebäude als „Haus der Demokratie“ den neu gegründeten Parteien und Gruppierungen wie der SDP, dem Neuen Forum und der ARGUS zur Vorbereitung auf die  ersten freien Kommunalwahlen in der DDR im Frühjahr 1990. Seit 1995 erinnert es als Gedenkstätte an die Opfer politischer Gewalt im 20. Jahrhundert. (Sebastian Stude)


  • Station 5 : Das „Haus der Demokratie“

    Im Februar 1990 wurde das unmittelbar zuvor freigezogene Stasigefängnis in der Lindenstraße als Bürogebäude bereitgestellt für die neu gegründeten Parteien und Bürgerrechtsbewegungen, die im Gegensatz zu den etablierten ‚Blockflöten‘-Parteien nicht über materielle und organisatorische Ressourcen verfügten. Diese bis vor kurzem noch als staatsfeindliche Protestbewegung geltenden Gruppierungen bezogen jetzt Räume, die zuvor der Gefängnisverwaltung und der Durchführung von Verhören gedient hatten. 

    Für die neuen ‚Gäste‘ des „Lindenhotels“ - wie die Haftanstalt ja  zuvor gelegentlich ironisierend genannt worden war – standen jetzt zwar reichlich nutzbare Büroräume zur Verfügung, aber der Hauch der Vergangenheit schränkte die Freude an dem hier manifest gewordenen Sieg der ‚Friedlichen Revolution‘ jedoch erheblich ein. Das Gefühl, bei einem anderen Ausgang der Ereignisse, sich hier nicht als Nutzer sondern als Inhaftierte zu befinden, les sich nur schwer verdrängen.

    In diesem Gebäude, das nun das „Haus der Demokratie“ war, unterhielt die SPD ihr erstes offizielles Quartier in Potsdam für die Vorstände der Verbände von Bezirk Potsdam, Potsdam Stadt und Potsdam-Land, später auch für den Landesvorstand vom Februar bis August 1990. Außer der SPD waren das „Neue Forum“, die Organisation „Argus“, welche es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Vernichtung von belastendem Material über die Aktivitäten der Stasi zu verhindern, und weitere Gruppierungen eingezogen. Trotz der vorhandenen Unterschiede war der gemeinsame Weg „zur Sonne und zur Freiheit“ vorgezeichnet. (Christel Dettmann)


    Quellen und Lesetipps:

    Thomas Wernicke: Staats-Sicherheit. Ein Haus in Potsdam. Potsdam 1991.


    Gabriele Schnell (Hg.): Das "Lindenhotel". Berichte aus dem Potsdamer Geheimdienstgefängnis. Berlin 2009.


    Hans-Hermann-Hertle/Gabriele Schnell: Gedenkstätte Lindenstraße. Vom Haus des Terrors zum Potsdamer Haus der Demokratie, Berlin 2014.

 Eine Badeanstalt für das Volk - 
Käthe Pietschker stiftete das Werner Alfred Bad im Angedenken an ihren verstorbenen Sohn…
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    Potsdam bekommt eine Volksbadeanstalt  


    Die ehemalige, am 14. Dezember 1913 eröffnete öffentliche Badeanstalt in der Hegelallee 23, dient seit einem umstrittenen Totalumbau 2009 als eine Kombination aus Gesundheitszentrum, Bioladen und Öko-Café. Eigentlich sollte das Gebäude ganz anderen Zwecken dienen: Die Mutter von Werner Alfred Pietschker, Käthe Pietschker, Tochter von Werner von Siemens ließ die Volksbadeanstalt zur Erinnerung an ihren als Pilot verunglückten Sohn errichten. 

    Architekt dieses damals avangardistischen Gebäudes war Paul Otto August Baumgarten. Das „Reinigungs- und Volksbad“  wurde für Potsdams Bevölkerung gebaut, um allen denjenigen, die in ihren Wohnungen nicht über eine Badewanne oder Warmwasser verfügten, die Möglichkeit zu mehr Reinlichkeit zu eröffnen. Die Halle diente auch dem obligatorischen Schwimmunterricht für Schulklassen. In den anderen Teilen des Hauses befanden sich die Wannenbäder und Duschen.

    Übrigens: Käthe Pietschker gründete in der Bornstedter Eichenallee auch eine Volksbücherei. Aufgrund ihrer Verdienste ist das Gebäude in der Hegelallee auch in die Reihe der „Frauenorte“ Brandenburgs aufgenommen worden. (Willi Carl) 



„Keinen Mann und keinen Groschen!“ – Potsdamer Sozialdemokraten stimmten mit Karl Liebknecht im August 1914 im Reichstag gegen die Bewilligung der Kriegskredite …
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    Gedenktafel für Karl Liebknecht


    Diese Gedenktafel ehrt nicht nur Karl Liebknechts Verurteilung der Kriegskredite zu Beginn des Ersten Weltkriegs, sondern verdeutlicht auch, dass er von mehreren Potsdamer Genossen in seinem Protest gegen die Beteiligung Deutschlands an diesem unsäglichen Krieg unterstützt wurde. 

    Die allgemeine Kriegsbegeisterung war damals so groß, dass es keineswegs eine Selbstverständlichkeit war, sich dem nationalen Volksempfinden entgegenzustellen. Die Mehrheit seiner Parteigenossen in der SPD wollten keine ‚Vaterlandslosen Gesellen‘ sein, als welche die Kriegsgegner damals diffamiert wurden. Sie stimmten für die Kriegskredite und den „Burgfrieden“ im Inneren des Landes. Damit öffneten sie – zusammen mit den Abgeordneten aller anderen Parteien - dem Kaiser und seinen Generälen den Weg in den Abgrund - und in Folge dessen auch in das Ende des Wilhelminischen Zeitalters.

    Karl Liebknecht und seine Mitstreiter haben mit der Ablehnung der Kriegskredite im August 1914 die Abspaltung des linken Flügels der SPD eingeläutet und damit den bis in die Gegenwart anhaltenden Grabenkämpfen innerhalb der ‚Linken‘ in Deutschland Vorschub geleistet. Die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg im Januar 1919 zeigt allerdings, wo damals – und auch heute – die wahren Widersacher der Demokratie zu finden sind. (Sabine Hering)

Hier entstand der Druck für Politik, Kunst und Wirtschaft. Von der Druckerei Stein aus wurde in den 1920er Jahren die „Weltbühne“ als Organ kritischen Denkens in alle Teile der Republik versendet…
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    Die publizistische Blütezeit Potsdams 


    Im Jahre 1846 erwarb August Stein in Potsdam eine Buchhandlung, die er in den Jahren darauf um einen Verlag erweiterte. 1887 machte sein Sohn, Edmund Stein, aus dem Unternehmen eine Druckerei, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die leistungsfähigste Druckerei in Potsdam wurde. Die Adresse lautete damals "Jäger-Kommunikation 9". Der Verlag August Stein druckte damals für die Königliche Regierung zu Potsdam, das Königliche Oberpräsidium und das Finanzministerium. Es gab dort 3 Rotationsmaschinen und 240 Mitarbeiter, welche eine beachtliche Anzahl von Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und Broschüren produzierten.

    Das bekannteste Erzeugnis der Druckerei war die „Weltbühne – Wochenschrift für Politik-Kunst-Wirtschaft“, die von 1925 bis 1933 in Potsdam gedruckt und vertrieben wurde - jeden Dienstag in einer Auflage von 15.000 Exemplaren. 

    In den ‚Potsdamer Jahren‘ waren es Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky, welche die „Weltbühne“ zusammen mit 250 namhaften Autoren zu einem viel beachteten Forum der radikalbürgerlichen Linken gemacht haben – auch wenn das Blatt den Kommunisten zu bürgerlich, den Sozialdemokraten zu idealistisch und den Liberalen zu kritisch war. 

    Obwohl die Redaktion der Zeitschrift eigentlich in Berlin ansässig war, traf man sich gerne in Potsdam. Zahlreiche Zeitzeugen konnten sich daran erinnern, wie im naheliegenden Café Rabin Tucholsky und Ossietzky, aber auch Erich Kästner Korrekturfahnen gelesen und leidenschaftlich über den nächsten Leitartikel diskutiert haben. 

    Dieser spektakuläre ‚think tank‘ fand 1933 ein jähes Ende: Am 14. März 1933 wurde die letzte Ausgabe der "Weltbühne" vernichtet, die Zeitschrift verboten, die Druckstöcke eingeschmolzen. Tucholsky verstummte - und verstarb 1935 im Exil; Ossietzky starb 1938 an den Folgen seiner Misshandlungen in der Haft; Kästner blieb in der inneren Emigration der ‚alte Moralist‘, der er immer gewesen war. 

    1945 wurde die Druckerei demontiert, nach dem Wiederaufbau in den 1970er Jahren verstaatlicht und nach 1989 „rückübertragen“. 2006 schlug der neue Besitzer die Initialen im Rahmen der Fassadensanierung ab und ersetzte sie durch seinen Namen. Im Juli 2008 wurde der Sitz der Druckerei Edmund Stein GmbH nach Hohen Neuendorf verlegt. (Sabine Hering/Frank Reich)

Vergebliche Warnungen vor dem Faschismus. Der Lithograph Hermann Elflein, Stadtverordneter der KPD in Potsdam von 1924 bis 1938 wurde 1943 im KZ Sachsenhausen ermordet …
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    Gedenken an Hermann Elflein


    Die Hermann-Elflein-Straße ist seit 1945 nach dem im Jahr 1892 in Bad Langensalza geborenen KPD – Funktionär und Grafiker benannt, der am 22. Juli 1943 im KZ Sachsenhausen den Folgen seiner Misshandlungen erlag. Elflein studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München. Er war Mitglied des Verbandes grafischer Berufe. 1920 trat er in Thüringen der KPD bei. Im Jahr 1922 zog er nach Potsdam. Dort gehörte er für die KPD von 1924 bis 1928 der Stadtverordnetenversammlung an. Mit seinen Lithographien und Plakaten rief Elflein gegen die Kriegsgefahr und den stärker werdenden Faschismus auf. 

    Bereits 1933 wurde Hermann Elflein zum ersten Mal verhaftet und  neun Monate lang Misshandlungen und Folterungen ausgesetzt. Nach seiner Haftentlassung tauchte er sofort unter und arbeitete in der Illegalität weiter. Deshalb wurde er 1935 erneut verhaftet und zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Anschließend wurde er in die sogenannte Schutzhaft genommen und ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Dort starb er im Juli 1943 an den Folgen seiner Verletzungen. Außer der Hermann-Elflein-Straße in Potsdam erinnert eine Gedenktafel auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde an ihn. (Willi Carl) 


Die „Zwangsvereinigung“ im Gesellschaftshaus in der Zimmerstraße. SPD und KPD in Brandenburg schließen sich zur SED zusammen…
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    Die „Zwangsvereinigung“ in Brandenburg


    Am 7. April 1946 erfolgte in Potsdam die „Vereinigung“ der Brandenburger SPD und KPD zur SED. Die Veranstaltung fand im alten „Gesellschaftshaus“ in der Zimmerstraße 10 statt. Noch heute erinnert eine Tafel, die bereits in der DDR angebracht wurde, an dieses Datum.

    Am 20. und 21. Dezember 1945 hatte eine erste gemeinsame Konferenz (die sogenannte 60er-Konferenz) aus SPD- und KPD-Funktionären zur Beratung einer möglichen Vereinigung stattgefunden. Ähnliche Treffen fanden danach auch auf regionaler Ebene statt. Aus Rüdersdorf, Senftenberg, der Stadt Brandenburg, Cottbus und Wittenberg/Westprignitz, Niederbarnim und der Stadt Guben gab es Zustimmung. Doch gerade im Umfeld Berlins traf der Plan teilweise auf heftigen Widerstand - so in Stahnsdorf, in Potsdam, Woltersdorf, Belzig, Oranienburg und Zehdenick. Diejenigen, die eine Einheit befürworteten, wurden von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) unterstützt, Gegner der Einheit wurden teilweise Repressionen ausgesetzt, die bis zur Inhaftierung im berüchtigten Speziallager Sachsenhausen reichten.

    Am 26. Februar 1946 tagte eine zweite "60er-Konferenz", auf der die Ziele, die Grundsätze und das Statut der neuzugründenden Sozialistischen Einheitspartei unter Berücksichtigung der Vorbehalte diskutiert wurden. Viele SPD-Funktionäre waren trotz der Bedenken zum Zusammenschluss bereit. Sie vertrauten auf die im Statut vereinbarte Parität von ehemaligen KPD- und SPD-Mitglieder und auf die im neuen Programm verankerten Bekenntnisse zum Sozialismus „auf dem Boden der demokratischen Republik“ - eine Formulierung, die dem Entwurf der SPD entsprach.

    Die Brandenburger Delegierten trafen sich am 6.4.1946 zu einem letzten SPD-Provinz-Parteitag zusammen, auf welchem die nunmehr feststehende Vereinigung mit der KPD bestätigt wurde. Als gleichberechtigte Vorsitzende der SED des Landesverbandes Brandenburg wurden für die SPD Friedrich Ebert jun., der Sohn des ersten Reichspräsidenten, und für die KPD Willy Sägebrecht gewählt. Im paritätisch besetzten Sekretariat des Landesvorstands saßen je sechs SPD- und KPD-Mitglieder.  Zum engeren Vorstand gehörten neben Ebert aus den Reihen der SPD Max Homa, Karl Gadow, Else Bauer, Emmi Pilz und Richard Küter. Die großen Hoffnungen in die ‚Einheitspartei‘ scheiterten aber schon in den folgenden Jahren angesichts der ‚Stalinisierung‘ der SED. (Sabine Hering)

Oppositionelle in der Ost-CDU – Charlotte und Erwin Köhler wurden in die Sowjetunion verschleppt und liquidiert…
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    Gedenktafel für Opfer des Stalinismus


    Erwin und Charlotte Köhler waren 1945 Gründungsmitglieder der Ost-CDU – Erwin Köhler war Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und stellvertretender Oberbürgermeister, weil er sich schon in der NS-Zeit einen Namen als aufrechter Demokrat gemacht hatte. 

    In den Jahren darauf gab es auch innerhalb der CDU eine SED-nahe Fraktion und einige, welche die SED Politik kritisierten. Erwin Köhler gehörte zu den Kritikern. Anfang März 1949 begann die „Säuberung“ der Parteileitungen, von deren Seite eine Opposition zur SED befürchtet wurde. Eines der ersten Opfer war Köhler. Am 28. März wurden er und seine Frau festgenommen.

    Während der Ermittlungen hatten sich Erwin und Charlotte Köhler für schuldig erklärt. Im Prozess, der vom 1. bis 3. Dezember 1950 vor einem sowjetischen Militärtribunal stattfand, sagten aber beide unabhängig voneinander aus, dass sie unter Folter, unter anderem durch sechstägigen Schlafentzug, zu Geständnissen gezwungen wurden. Sie wurden wegen „antisowjetischer Hetze“ und "Spionage" zum Tode verurteilt und in die Sowjetunion überstellt. Erwin Köhler wurde dort am 21. Februar 1951 und Charlotte Köhler am 10. April 1951 erschossen. 

    Am 20. Mai 1992 wurde im Foyer des Potsdamer Rathauses eine Gedenktafel für beide eingeweiht. Der Zimmerplatz in Potsdam-West wurde am 10. Dezember 2009 zum Gedenken an das Ehepaar in Köhlerplatz umbenannt, um, so der damalige Oberbürgermeister, diesen mutigen Demokraten den Platz in der Stadtgeschichte zuzuweisen, der ihnen gebührt. (Sabine Hering)


Die Friedrich-Ebert-Straße, Boulevard im Herzen von Potsdam – benannt nach Vater oder Sohn? 
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    Friedrich Ebert – wie der Vater, so der Sohn?


    Am 26. März 1946 beschloss Potsdams Magistrat drei Straßen im Zentrum Potsdams (Hohewegstr., Nauener und Spandauer Straße) zur Friedrich-Ebert-Straße zusammenzufassen. Geehrt wurde damit der erste sozialdemokratische deutsche Reichspräsident (1871 - 1925). Später setzte sich die kommunistische Lesart durch, dass Ebert ein Arbeiterverräter gewesen sei. Man ergänzte die Straßenschilder nun mit dem Hinweis, die Straße erinnere an den Sohn, Friedrich Ebert jun. (1894-1979), der ein Befürworter  der Vereinigung von SPD und KPD zur  SED gewesen war und 1948-1967 zum Oberbürgermeister von Berlin (Ost) aufgestiegen war. 1989 wurde der ‘Spieß‘ wieder vom Sohn zum Vater umgedreht. (Willi Carl) 


Café Heider - Treffpunkt von ‚Kulturschaffenden‘, Oppositionellen und Spitzeln… 
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    „Das Wohnzimmer der Stadt Potsdam“


    Das am Nauener Tor gelegene Café Heider hat viele Wendepunkte zu verzeichnen. Das seit 1878 als Konditorei Rabin gegründete Café war in seiner Gestaltung geprägt vom Glanz der Kaiserzeit – auch noch als in der Weimarer Republik Bohèmiens und Revolutionäre dort verkehrten. 


    1960 übernahm Karl Heider das Café als einzige in Potsdam zu Zeiten der DDR privat betriebene Gaststätte und gab ihm seinen bis heute erhaltenen Namen. Glanz und Gloria waren nun einer skurrilen Melange von DDR-Möbeln, Wiener-Caféhaus-Anklängen und Mokkastuben-Kitsch gewichen. Hier saßen jetzt ganz normale Kaffeetrinker und Kuchenesser neben einer bunten Mischung von Leuten aus unterschiedlichen subkulturellen und sozialen Szenen, welche eher Live-Musik, Alkohol und Zigaretten zu schätzen wussten. 

    Im Laufe der Jahre wurde das Café zunehmend zu einem Treffpunkt der Oppositionellen – und in deren Schlepptau natürlich auch der Staatssicherheit. Der Hinweis einiger Zeitzeugen auf die Installation von Abhöranlagen erscheint deshalb keineswegs unglaubwürdig. Nachgewiesen ist der Umstand, dass die Menschen, die sich am Ende der großen Protestdemonstration am 7. Oktober 1989 im Café Heider zusammenfanden, um sich über ihre Eindrücke angesichts der verstörenden Konfrontation mit der Polizei zu verständigen, teilweise vom Cafétisch weg durch die hereinstürmenden ‚Bullen‘ verhaftet wurden.


    Nach 1990 ist das Café Heider wieder zu altem Glanz und Gloria zurückgekehrt und hält das Image der ‚guten alten Zeit‘ aufrecht, auch wenn es inzwischen in den Besitz eines kapitalstarken Multiunternehmers übergegangen ist. 

    (Sabine Hering)

„Brüder zur Sonne, zur Freiheit!“ 
Die erste große Demonstration der Bürgerrechtsbewegung am 7. Oktober 1989…
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    „Wir bleiben hier“


    Der 40. Jahrestag der DDR wurde von staatlicher Seite mit den üblichen Jubelfeiern begangen. Andererseits gab es an diesem Tag in einigen Städten wie z.B. Potsdam erstmals Demonstrationen für Freiheitsrechte. Die allgemeine Unzufriedenheit über die herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatte sich im Laufe des Jahres 1989 zugespitzt. Im Spätsommer/Herbst verließen tausende vorwiegend junge Menschen das Land. Andere blieben zurück, riefen: „Wir bleiben hier“ , um für Demokratie im Land zu kämpfen. 


    Mehrere Demokratiebewegungen traten an die Öffentlichkeit, wie z.B. „Das Neue Forum“ oder „Demokratie jetzt“. Als Geburtstagsgeschenk für den Staat gründete sich die SDP am 7. Oktober 1989 in Schwante. Ab 4. September begannen in Leipzig die Montagsdemonstrationen, in Berlin gab es Zusammenstöße zwischen Bürgerbewegungen und der Polizei, die brutal zuschlug. Es kam zu Verhaftung, Gefängnis, Gerichtsanklagen. Die Verabredung zur Demonstration in Potsdam am 7. Oktober, die am Brandenburger Tor startete, hatte sich herumgesprochen, sowohl in der Bürgerrechtsbewegung als auch bei den staatlichen Organen. Dort hatten sich Menschen, teilweise mit ihren Kindern eingefunden, während die Polizei schon das Tor und die Seitenstraßen der Brandenburger Straße abgeriegelt hatten. Um sich Mut zu machen, sangen die Demonstranten das Lied “Brüder zur Sonne zur Freiheit“ und setzten sich auf der Brandenburger Straße friedlich in Bewegung. Immer mehr Menschen kamen hinzu. Von der Jägerstrasse aus war schon zu erkennen, dass die Demonstration an der. Friedrich Ebert Straße mit Polizei und Räumfahrzeugen auseinander getrieben wurde. Es gab Verhaftungen. 

    Dem Kleinmachnower Fotografen Bernd Blumrich gelang es, Bilder von dieser Demonstration als Zeitzeugnis festzuhalten und zu bewahren. In den folgenden Wochen und Monaten wurde auch in Potsdam mit Montagsdemonstrationen, Großkundgebungen und ‚runden Tischen‘ die ‚friedliche Revolution‘ vorangetrieben. (Christel Dettmann)


Wer kontrolliert die Kontrolleure? 
Das Go-In in der Stasi-Bezirkszentrale, Hegelallee Nr. 8 am 5. Dezember 1989 …
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    Den Spitzeln das Handwerk legen


    In der Potsdamer ‚Stasi-Bezirksverwaltung‘, einquartiert in der Hegelallee 8, erfolgte am 5. Dezember 1989 nach einem Aufruf des Neuen Forums ein ‚Go-in‘ von Bürgerinnen und Bürgern, welche die unkontrollierte Vernichtung von Stasi-Unterlagen verhindern wollten. 

    Am 6. Dezember 1989 wurde der "Rat der Volkskontrolle" mit 20 Mitgliedern gegründet. Er setzte sich zur Hälfte aus Bürgerrechtlern und zur Hälfte aus alten politischen Kräften zusammen. Das Bürgerkomitee existierte bis zum 26. April 1990. Seine Aufgabe war es, die Auflösung der regionalen Stasibehörde zu kontrollieren. Dabei ging es vor allem um die Sicherung der Unterlagen. Das Potsdamer Bürgerkomitee sah darüber hinaus die Überwachung des Handelns weiterer staatlicher Institutionen als seine Aufgabe an und sorgte für die Einrichtung „Runder Tische.“  Seit dem 5. Dezember 2019 erinnert am Gebäude der jetzigen Stadtverwaltung eine relativ unscheinbare Gedenktafel an diese Intervention der Potsdamer Bürgerrechtsbewegung. (Sebastian Stude)

„Mehr Demokratie wagen!“ Willy Brandt auf dem Luisenplatz am 11. März 1990... 
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    Der große Platz der ‚großen Ereignisse‘ 


    Unvergessen ist in Potsdam der Auftritt des Friedensnobelpreisträgers und früheren Bundeskanzlers Willy Brandt am 11.März 1990 auf dem Balkon eines Hotels am Luisenplatz, mit dem er Tausende von Menschen für den Einsatz der SPD für Freiheit und Demokratie begeisterte. 

    Der Luisenplatz ist aber schon immer der Schauplatz für große Ereignisse gewesen – auch wenn er eine wechselvolle Geschichte seines Namens zu verzeichnen hat:  1945 wurde der Luisenplatz (so benannt nach Königin Luise) in Brandenburger Platz umbenannt, von 1951-1993 hieß er „Platz der Nationen“ aus Anlass der Weltfestspiele der Jugend und Studenten. Er war auch weiterhin Zentrum für Kundgebungen, Demonstrationen, Meetings. Am 1. Mai war er in jedem Jahr der Schauplatz für die zentrale Maifeier. Und: last, but not least, setzte sich die große erste Protestdemonstration gegen das SED-Regime am 40. Jahrestag der der Republik am 7.10.1989 vom diesem Platz aus in Gang – nur noch übertroffen von der großen Kundgebung der Bürgerrechtsbewegung am 4.11.1989. Seit 1991 heißt der Platz wieder Luisenplatz. (Willi Carl)


„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, aber die Ehre nicht!“ Im Gedenken an den Widerstand gegen die NS-Herrschaft: Das SPD Parteihaus bekommt im Oktober 1991 den Namen „Otto-Wels-Haus“ ...
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    Die SPD im „Otto-Wels-Haus“ 


    Das ansprechende Gebäude in der Friedrich-Ebert-Straße 61 beheimatete die Zentrale der Brandenburger SPD von August 1990 bis April 2007. Im Oktober 1991 erhielt die Villa den Namen “Otto-Wels-Haus”, um einen Bogen zu schlagen vom März 1933 bis zur Gegenwart. Otto Wels (1873 - 1939) hatte am 23. März 1933 als Fraktionsvorsitzender der SPD in seiner letzten freien Reichstagsrede die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes von Seiten der SPD begründet, bevor die Weimarer Republik und damit die Demokratie Deutschlands unterging. 

    Nun sollte - nach weiteren fast 45 Jahren der Diktatur in der DDR - durch den Namen "Otto-Wels-Haus" verdeutlicht werden, dass die SPD in Brandenburg wieder als Bastion für Freiheit und Demokratie da ist. Unter den Vorsitzenden Steffen Reiche von 1990 bis 2000 und Matthias Platzeck ab 2000 wurde die erfolgreiche politische Arbeit der Anfangsjahre fortgesetzt und gefestigt. Dabei ging es vor allem um den Aufbau der Parteistrukturen und der Vorbereitung der Wahlen. Dankbar angenommen wurde die Unterstützung der Brandenburger SPD durch Genossinnen und Genossen aus Westdeutschland. Aber die erfolgreichen Ergebnisse der ersten Wahlen mit der Übernahme vieler SPD Mandate auf allen Ebenen bedeuteten umso mehr Verantwortung und Herausforderung für die SPD Organisation. Trotzdem bot das Haus bis 2007 genug Platz, nicht nur für den Landesvorstand, sondern auch für die Büros der sich zahlreich gründenden Arbeitsgemeinschaften ebenso wie für die Europa-und Bundestagsabgeordneten. (Christel Dettmann)


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